Antike Schreibfederschachtel, John Mitchell, No. 047, Plume Ballon

Wer das Glück hat, eine alte Schreibfederschachtel aus dem frühen 20. Jahrhundert oder sogar aus noch früherer Zeit zu ergattern, findet darin oftmals kleine Reklamezettel mit wertvollen Informationen. Nicht nur für Sammler, auch für Geschichtsinteressierte sind darin faszinierende Einblicke in eine vergangene, uns oft ganz fremd vorkommende Zeit enthalten.

Die damals noch manuell hergestellten Verpackungs-Schachteln waren meist mit kunstvoll bedruckten Papieren kaschiert, anfangs sogar mit von Hand marmorierten Papieren. Die hier abgebildete Schachtel stammt von John Mitchell, einem der frühen und ganz großen Fabrikanten aus Birmingham, England. Sie wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hergestellt, als die industrielle Stahlfederproduktion bereits ihren Anfang genommen hatte. Die darin enthaltenen Federn No. EF 047 tragen als eingeprägtes Motiv einen Heißluftballon.

Antike Kalligraphie Spitzfeder, John Mitchell, No. EF 047

Das in der Schachtel enthaltene Reklameblättchen vermittelt nicht nur interessante linguistische Details über den Begriff der Schreibfeder, es zeigt sich darin auch ein Bild von den Schwierigkeiten bei der Suche nach einer Alternative zum Federkiel, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch mühsam von Hand zugeschnitten wurde, und dessen Schreibspitze nach relativ kurzem Gebrauch immer wieder erneuert werden mußte.


Reklameblatt von John Mitchell, Birmingham, England

BY APPOINTMENT •
PENMAKER TO THE KING
JOHN MITCHELLBIRMINGHAM

Established 1822

In der Antike wurde hauptsächlich eine Art Schilfrohr (lat. Calamus) verwendet, obwohl manchmal die Buchstaben mit einem feinen Haarstift gemalt wurden, wie bei den Chinesen in der heutigen Zeit. Federkiele kamen wahrscheinlich erst nach der Einführung des modernen Papiers in Gebrauch.

Der englische Name pen leitet sich von lat. Penna ab, eine Feder (engl. feather); aber die alte Form von penna war pesna oder petna (= gr. Peteron), von der Wurzel pet, fliegen; und so wie (Lat. Ped) mit (Eng. Foot) identisch ist, so entspricht petna oder peteron dem deutschen Begriff Feder.

Im achtzehnten Jahrhundert wurden viele Anstrengungen unternommen, um die Feder zu verbessern, deren großer Mangel darin bestand, dass sie bei der Benutzung schnell beschädigt wurde und daher häufig ausgebessert werden musste, vor allem in Schulen, in denen der Schulmeister mit seinem Federmesser ständig beschäftigt war.
Außerdem konnte selbst der geschickteste Federkielmacher keine einheitliche Qualität gewährleisten, und jede Abweichung beeinträchtigte die Arbeit des Schreibers. Die Bemühungen richteten sich vor allem darauf, die Feder des Federkiels mit kleinen Metall- oder sogar Rubinspitzen zu versehen, doch war der Aufwand für die Anbringung so groß, dass die Versuche nur sehr wenig Erfolg hatten.

Um das Jahr 1800 begann man, Schreibfedern ganz aus Metall herzustellen; sie bestanden aus einem Korpus aus sehr dünnem Stahl und waren so geschnitten und geschlitzt, dass sie dem Federkiel so weit wie möglich ähnelten. Sie waren jedoch sehr mittelmäßig, und da sie teuer waren (der Einzelhandelspreis betrug zunächst eine halbe Krone und später sechs Pence pro Stück), fanden sie nur wenig Verbreitung; ihr Hauptmangel war die Härte, die ein unangenehmes Kratzen auf dem Papier verursachte. Da sie außerdem von Hand hergestellt wurden, waren sie sowohl klobig als auch teuer, und keine zwei waren gleich in ihrer Wirkung.

1822 wandte John Mitchell seine Aufmerksamkeit von Federmessern auf Schreibfedern und erfand die PRESSENWERKZEUGE, die bei den verschiedenen Prozessen der Federherstellung verwendet wurden.
Durch diese Erfindungen wurde es möglich, Federn herzustellen, die dem handgefertigten Produkt unendlich überlegen waren, und das zu einem Preis, der sie auch für die Ärmsten erschwinglich machte.
Einige Jahre später begann auch Joseph Gillott mit der maschinellen Herstellung, und mehrere andere Firmen folgten, bis die Schreibgeräteherstellung zu einem der wichtigsten Gewerbe in Birmingham wurde und es auch heute noch ist.

Die Stahlfeder tauchte zum ersten Mal in jenem berühmten halben Jahrhundert auf, in dem die Penny Post, die Dampfeisenbahn, das Dampfschiff und der Telegraf geboren wurden, und man kann sagen, dass sie zu den riesigen Kommunikationssystemen beigetragen hat, die die Enden der Welt miteinander verbinden.



Weitere Informationen über die Geschichte der Stahlfeder und des Federkiels findest Du im Online-Schreibfedern-Museum.